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Wohnungsbau - mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr
vom 13.04.2023

Wohnungsbau - mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr

Der Staat ist jetzt gefordert – eine Bestandsaufnahme mit Lösungsalternativen

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In Deutschland herrscht der größte Wohnungsmangel seit der Wiedervereinigung vor 30 Jahren. Aus Expertensicht fehlen derzeit mindestens 700.000 Wohnungen. Das Problem spitzt sich seit Jahren zu. Die Kombination aus Zuwanderung aus der EU und einem stetigen Zustrom von Flüchtlingen ist auf Dauer nicht beherrschbar, insbesondere wenn durch den Ukrainekrieg zum zweiten Mal mehr als 1 Million Menschen innerhalb kurzer Zeit nach Deutschland kommen. Aktuell gibt es einen Notstand, der bei Sozialwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen am größten ist.

Ende 2022 lebten 84,3 Millionen Menschen in Deutschland, so viele wie noch nie. Ursache des starken Wachstums ist eine Rekordzuwanderung. Neben der starken Zuwanderung durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine hat auch die Zuwanderung von Menschen anderer Nationalitäten deutlich zugenommen. Die Nettozuwanderung 2022 war mehr als viermal so hoch wie im Vorjahr und so hoch wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnung in 1950. Wenn die Zuwanderung auf dem Durchschnittsniveau des letzten Jahrzehnts (ca. 400.000 p.a.) bleibt, werden 2070 rund 90 Millionen Menschen in Deutschland leben.

Laut Bundesbauministerin Klara Geywitz werden aktuell pro Jahr wegen der unerwarteten Flüchtlingswelle aus der Ukraine sogar 500.000 bis 600.000 neue Wohnungen benötigt. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung sieht den Bau von rund 400.000 Wohnungen pro Jahr vor, 100.000 davon sollen Sozialwohnungen sein. Doch dieses Ziel wurde in 2022 deutlich verfehlt. Es wurden nur rund 290.000 Wohnungen fertiggestellt. Für 2023 rechnet die Branche mit dem Bau von etwa 250.000 neuen Wohnungen. Für 2024 wird zurzeit eine ähnliche Zahl erwartet. Die Wohnungslücke wird noch größer werden. Insofern verwundert es nicht, dass für Flüchtlinge Turnhallen, alte Kasernen und andere öffentliche Einrichtungen für die „Erstaufnahme“ zur Verfügung gestellt werden.

Während die Bevölkerungszahl durch Zuwanderung stetig steigt, wächst gleichzeitig die Anzahl der privaten Haushalte. Ende 2021 gab es in Deutschland 43,1 Millionen Wohnungen, in denen durchschnittlich 2 Personen leben. Niedrige Kinderzahlen, ein steigender Anteil an Singles und der Aufschub der Familienbildung in höhere Altersbereiche führen zu kleineren Haushalten. Außerdem steigt mit der Alterung der Gesellschaft der Anteil an Menschen, deren Kinder bereits „aus dem Haus“ sind. Der Trend zu kleineren Haushalten wird sich weiter fortsetzen, so dass die Nachfrage nach mehr Wohnungen zusätzlich steigen wird.

Deutschland ist ein Land der Mieter, nur 47% der Wohnungen werden durch die Eigentümer bewohnt. In keinem anderen europäischen Land leben so wenige Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Die Nettokaltmieten in den Großstädten sind im Schnitt 30% teurer als auf dem Land. 10,5% der Bevölkerung lebten 2021 in überbelegten Wohnungen. Die Leerstandsquote deutschlandweit betrug 2,8%. Die Verteilung der Wohnungsleerstände ist aber regional sehr verschieden. In strukturschwachen Regionen und im ländlichen Bereich stehen z.T. über 12% der Wohnungen leer, z.B. in Sachsen-Anhalt. In den Großstädten beträgt der Leerstand dagegen weniger als 1%.
Mehr als 65% aller Wohnungen in Deutschland sind älter als 45 Jahre. Je älter die Wohnungen sind, desto attraktiver ist in wirtschaftlicher Hinsicht ein Abriss statt einer Sanierung. Der Zahl der neu gebauten Wohnungen steht somit auch immer eine Zahl an abgerissenen Wohnungen gegenüber. Im Bereich der Sozialwohnungen steht durch den Ablauf der Mietbindung jedes Jahr ein Minus im Bestand. 100.000 neue Sozialwohnungen sollten 2022 gebaut werden und das Problem des immer weiter sinkenden Bestandes an Sozialwohnungen verringern. Insgesamt wurden in der aktuellen Legislaturperiode erst 20.000 Sozialwohnungen gebaut. Ende 2022 gab es 27.000 Sozialwohnungen weniger als 2021, da die aus Sozialbindung gefallenen Wohnungen die Zahl der Neubauten überstieg. Der Sozialverband VdK sieht einen Bedarf von 5 Millionen Sozialwohnungen. Der Bund will bis 2026 EUR 14,5 Millionen an Bundesmitteln für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Allerdings sind kaum neue Projekte geplant. Früher erhielten Investoren auch bei geförderten Projekten und einer Miete um die sechs Euro noch eine Rendite. Diese wird aktuell durch die stark gestiegenen Kosten aufgefressen, so dass derartige Bauvorhaben wirtschaftlich nicht mehr interessant sind.

Die Gründe für den Rückgang beim Wohnungsbau sind vielfältig. Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für den Bau von Wohngebäuden in 2022 um 16,4% gestiegen. Das ist der höchste Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr seit 1958. Zudem kommt es bei den Materialien und auch bei den Fachkräften zu Engpässen. Die Bundesregierung kann alleine den Wohnungsnotstand nicht beheben. Sie gibt das zu erreichende Ziel der Wohnungsfertigstellungen vor, aber kann dieses ohne die Unterstützung der Städte und Gemeinden nicht alleine erreichen. Mit dem Baugesetzbuch wird lediglich die bauliche Flächenplanung festgelegt. Es gibt den Bundesländern das Verfahren vor, nach dem diese die Flächennutzungspläne und die Bebauungspläne zu erarbeiten haben. Die Inhalte der Landesbauordnungen regeln z.B. das Verfahren der Baugenehmigung und die konkreten baulich-technischen Anforderungen an Bauvorhaben bei beispielsweise der Errichtung oder Änderung von Bestandsbauten. Alle Landesbauordnungen basieren auf einer Musterbauordnung, die von der Bauministerkonferenz, einer Arbeitsgemeinschaft aller Länder, ständig aktualisiert wird. Daher sind alle Landes-bauordnungen nur in kleineren Teilen unterschiedlich.

Die Bundesregierung hat aber neben der Bereitstellung von Fördergeldern zahlreiche weitere Möglichkeiten, Anreize für den Wohnungsbau zu schaffen: die Vereinfachung von Bauanträgen, z.B. durch die Möglichkeit von digitalen Bauanträgen, Erleichterungen beim Aufstocken und Verdichten von Bestandsimmobilien, Umwidmung von Gewerbe- in Wohnraum, weniger Auflagen beim Bau sowie die vergünstigte Zurverfügungstellung von Baugrund für den sozialen Wohnungsbau. Auch könnte über Steuererleichterungen für Unternehmen, die Wohnungen zu einem günstigen Preis anbieten, nachgedacht werden. Auch eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer könnte ein Impuls für die Nachfrage sein. Die meisten Bundesländer verlangen 5% bis 6,5% des Kaufpreises als Grunderwerbsteuer. Häufig kommen noch 3,57% für den Makler und bis zu 1,5% für den Notar dazu. Käufer haben somit schon Zehntausende Euro gezahlt, bevor ihnen auch nur ein Quadratmeter gehört. Nebenkosten können entweder mitfinanziert oder mit Eigenkapital bezahlt werden. Je höher das Darlehen ausfällt, desto mehr Eigenkapital muss eingebracht werden. Banken empfehlen ein Eigenkapital von mindestens 20-30%. Im internationalen Vergleich ist in Deutschland besonders viel Eigenkapital bei Bankfinanzierungen notwendig.

Die Aufnahme von Darlehen hat sich durch die gestiegenen Zinsen aber deutlich verteuert. In Kombination mit den in den letzten Jahren stark gestiegenen Immobilienpreisen können sich viele potenzielle Käufer und Häuslebauer das gewünschte Eigenheim nicht mehr leisten. Das Neugeschäft deutscher Banken bei der Vergabe von Immobiliendarlehen an Privathaushalte und Selbständige hat sich in 2022 fast halbiert. In der Statistik der Banken hat es bisher noch nie einen solchen Einbruch bei der Kreditvergabe gegeben. Innerhalb von 15 Monaten sind die Hypothekenzinsen von ca. 1% auf 4% gestiegen. Aktuell befinden sich die Kreditzinsen, nach einem historischen Tief, auf einem Zwölf-Jahres-Hoch. Experten erwarten, dass die EZB den Einlagensatz für Banken auf 4% erhöhen wird. Auch wenn Hypothekenzinsen nicht direkt an den EZB-Zinsen hängen, dürften sie nach Ansicht von Experten zumindest noch etwas weiter ansteigen.

Die Immobilienbranche und die Banken geht jedoch davon aus, dass die Hypothekenzinsen nicht viel weiter steigen und eher wieder sinken werden, da sich die hoch verschuldeten Staaten höhere Zinsen gar nicht leisten können. Die Löhne werden inflationsbedingt weiter steigen. Daher sollte sich die Situation am Immobilienmarkt schrittweise normalisieren. Bei den aktuellen langfristigen Finanzierungskosten von ca. 3,8% - 4% p.a. und ohne Mietsteigerungen müssten die Preise um ca. 20% fallen, damit sich die Mietrenditen wieder rechnen.

Mittel- bis langfristig sind Bestandswohnungen jedoch eine attraktive Anlagemöglichkeit. Die Nachfrage wird das Angebot noch lange übersteigen. Deshalb werden die Mieten für Bestandswohnungen in den nächsten Jahren immer teurer. Die Mieter haben durch die inflationsbedingten Lohnerhöhungen auch die wirtschaftliche Kraft, steigende Mieten zu bezahlen.

Die Bundesregierung treibt die Erreichung der Klimaziele voran. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die energetische Sanierung des Altbaubestands. Dafür werden vom Staat Milliardenbeträge in Form von KfW-Darlehen und Tilgungszuschüssen zur Verfügung gestellt. Die Höhe der möglichen Darlehenssumme und des Tilgungszuschusses hängt von der angestrebten Energieeffizienz ab. Auf der nächsten Seite haben wir Ihnen die verschiedenen Fördermaßnahmen zusammengestellt.

Die nicht durch staatliche Zuschüsse abgedeckten Sanierungskosten können bis zu maximal 8% auf den Mieter umgelegt werden, aber nur bis zu EUR 3,- pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren. Im Ergebnis steigt die Miete einmalig um diese 8% bzw. maximal EUR 3 pro m2. Die Grenze von EUR 3.- sollte in der Regel nicht erreicht werden, da die Mieten für Bestandswohnungen im Jahr 2021 laut dem Bundesportal Deutschlandatlas bundesweit durchschnittlich bei EUR 9,29 pro Quadratmeter lagen. Der Erwerb und die energetische Sanierung von Bestandswohnungsimmobilien lohnen sich, denn der Staat und der Mieter zahlen im Ergebnis die Sanierung ohne Berücksichtigung von Zinsen. Der Nutzen der Sanierungsmaßnahmen hält lange und erhöht über steigende Mieten den Wert und einen etwaigen Verkaufspreis. Wer Bestandswohnungsimmobilien mit Mietsteigerungs-potenzial diversifiziert einkauft, erzielt bei den aktuellen Kaufpreisen attraktive Renditen. Dafür sind alle Sanierungs-, Aus- und Umbaupotenziale auszuschöpfen und ein effizientes Mietmanagement erforderlich. Im Gegensatz dazu ist das Ausschöpfen aller Potenziale bei Neubauten aktuell schwieriger bis nicht möglich.

Je besser der Standort, desto zahlungskräftiger und auch zahlungsbereiter ist die Kundschaft. So wird z.B. eine Luxuswohnung am Starnberger See immer noch zu einem sehr attraktiven Preis verkauft. Dagegen wird eine neue Wohnung mit mittlerer Bauausführung in Bochum nicht mehr zum gewünschten Preis verkauft werden können. Genauso verhält es sich bei einer etwaigen Vermietung, die am Starnberger See bei einer viel höheren Miete erheblich einfacher als in Bochum sein dürfte. Und es gibt noch erheblich „ärmere“ Standorte als das im Mittelfeld liegende Bochum. Bisher werden im Ballungsraum München, insbesondere in gefragten Lagen, die höchsten Mieten in Deutschland gefordert und gezahlt. Das gilt sowohl absolut als auch relativ zum Einkommen.


Zwischen der Nachfrage und dem Angebot an Wohnungen klafft eine erhebliche Lücke, die kurz- und mittelfristig nicht geschlossen werden kann. Daher werden die Mieten auch in den nächsten Jahren weiter steigen. Aufgrund der Inflation steigen auch die Löhne, so dass sich die Menschen auch etwas höhere Mieten leisten können. Der Wohnimmobilienmarkt ist sehr differenziert zu betrachten. Aufgrund der staatlichen Fördermaßnahmen und der Umlagefähigkeit der Sanierungskosten auf die Mieten lohnen sich energetische Sanierungen mehr als der Neubau. Der Kapitaleinsatz und das damit verbundene Risiko ist bei Sanierungen überschaubar. In der Projektentwicklung überwiegen aufgrund der stark gestiegenen Kosten die Risiken die Chancen. Für Neubauwohnungen sind erheblich höhere Mieten zur Kostendeckung als für sanierte Altbauwohnungen notwendig. Außerdem ist der Finanzierungsbedarf bei neuen Wohnungen sowohl für den Projektentwickler als auch für den potenziellen Käufer höher. Insofern bremsen die erheblich gestiegenen Zinsen den Neubau, aber nicht die energetische Sanierung aus. Da aber mindestens 700.000 Wohnungen fehlen, sollte sich der Staat sehr zügig überlegen, wie er die Anreize für Neubauten erhöht. Höhere Abschreibungen und Förderdarlehen sind bei weitem nicht ausreichend. Der soziale Wohnungsbau rechnet sich aktuell gar nicht. Angefangen bei den komplexen und vielfältigen Bauvorschriften, die dringend abgespeckt gehören, bis zu etwaigen Zuschüssen und verbilligten Grundstücken beim sozialen Wohnungsbau sollte der Staat noch in diesem Jahr ein neues Wohnungsbaukonzept vorlegen.



Quelle: IC Consulting GmbH