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Pauschale Einordnung von AIFs in Risikoklasse 6 bald Geschichte?
vom 24.09.2024

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Pauschale Einordnung von AIFs in Risikoklasse 6 bald Geschichte?
Gutachten stellt gängige Praxis in Zweifel

In der Finanzwelt sollen Risikoklassen Anleger in die Lage versetzen, das Risiko eines Finanzprodukts besser einschätzen zu können. Eine höhere Risikoklasse bedeutet ein höheres Anlagerisiko. Anleger können so überprüfen, ob ein Produkt zu ihren individuellen Präferenzen passt und sie das damit einhergehende Anlagerisiko tragen können. Meist gehen mit einem höheren Anlagerisiko auch größere Renditechancen einher, jedoch steigt damit auch das entsprechende Verlustrisiko.

Derzeit werden geschlossene AIFs automatisch bzw. grundsätzlich in die Risikoklasse 6 eingestuft. Die Skala geht von 1 bis 7, so dass 6 eine Hochrisikoklasse ist. Diese Einstufungspraxis steht schon länger in der Kritik, weil sie auf einem vergangenheitsorientierten zu engen Ansatz basiert. Stattdessen sollte nach Anlageklassen, investierten Assets, etwaiger Fremdfinanzierung und Laufzeit und damit nach mehr Risikoaspekten differenziert werden. Das ist sachgerechter.

Ein aktuelles Gutachten mit dem Titel „Einsatz „synthetischer replizierender Portfolien zur Bestimmung des Marktrisikoindikators für Sachwerte-AIFs im Rahmen der PRIIP-Verordnung“ von Herrn Prof. Dr. Ralf Werner, Professor für Wirtschaftsmathematik an der Universität Augsburg beleuchtet, wie sich die Pauschaleinstufung von AIFs in Klasse 6 ergibt. Der Gesamtrisikoindikator, der im Basisinformationsblatt ausgewiesen wird, besteht aus dem Marktrisiko-Wert und dem Kreditrisikowert. Der Marktrisiko-Wert spiegelt die Volatilität des Assets wider, d.h. die Betrachtung ist vergangenheitsorientiert und benötigt historische Werte. Diese liegen jedoch bei Anlageobjekten von AIFs (z.B. Immobilien) regelmäßig nicht vor, da es für AIF-Anteile keinen geregelten Zweitmarkt gibt. Damit ergibt sich automatisch ein hohes Marktwertrisiko, was wiederum umgehend zu einem hohen Gesamtrisikoindikator führt, weil der Kreditrisiko- Wert dann keine Rolle mehr spielt.

Das bedeutet, dass AIFs unabhängig von der Assetklasse und anderen o. g. Faktoren und auch der Diversifikation des Portfolios immer in die Risikoklasse 6 fallen müssen. Es handelt sich um das Ergebnis einer formalen Vorgabe. Eine Aussage zum konkreten Risiko des jeweiligen AIFs gibt es somit nicht.

Offene Immobilienfonds und auch ELTIFs werden, auch wenn sie in ähnlicher Weise in dieselben Asset investieren wie AIFs, in die Risikoklassen 1 oder 2 eingestuft. Dies liegt daran, dass sie sich auf „irgendwelche“ Benchmarks beziehen und so ihren Marktrisiko-Wert faktisch verbessern. Auf diese Weise wird der Gesamtrisikoindikator geringer und führt zu einer Einstufung in eine geringere Risikoklasse.

Das Gutachten zeigt jedoch, dass das Risiko eines AIFs mit Hilfe eines synthetischen replizierenden Portfolios eingeschätzt werden kann. Üblicherweise gibt es für AIFs keine historischen Preise und auch keine Modelle, die zukünftige Preisentwicklungen simulieren. Als Alternative könnte jedoch zukünftig jedem Investment des AIFs ein geeigneter Stellvertreter zugewiesen und dann diese Stellvertreter zu einem Portfolio zusammengefasst werden. Zum Beispiel könnten laut dem Gutachten die Mieteinnahmen einer vermieteten Immobilie als „eine Kombination eines konstanten Zahlungsstroms (d.h. als Portfolio von Nullkuponanleihen und ein Investment in einen entsprechenden Immobilienindex oder eine entsprechende zu erstellende Benchmark“ dargestellt werden.

Das Schweizer Fintech AAACCELL, ein Auftraggeber des Gutachtens, hat bereits ein Risikomodell für AIFs geschaffen, das nicht nur PRIIPs-konform ist, sondern sich auch bereits im praktischen Einsatz bewährt hat. Mit dem Modell kann mit den replizierenden Portfolien, ggf. auch mit Hilfe stochastischer Interpolation, das „korrekte“ Risiko eines AIFs ermittelt werden.

Das AAACCELL-Modell wurde mit dem Publikums-AIF Patrizia Heidelberg-Bahnstadt bereits bei einem Produkt mit dem AAACCELL-Modell genehmigt, das in die Risikoklasse 3 eingeordnet wurde. Aufgrund von Auslegungsfragen wurde die generelle Genehmigung jedoch noch nicht in die ständige Verwaltungspraxis übernommen. Das könnte sich aber bald ändern, weil das Risikomodell von AAACCELL den Anforderungen an die Benennung und Bewertung des Risikos genügt und zu einer Beseitigung der nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führt.

Das fundierte Gutachten bietet die Chance, dass die Bafin ihre bisherige Verwaltungs- und Genehmigungspraxis endlich ändert und damit auch das aktuelle Procedere, das zu nicht gerechtfertigten Ergebnissen bei inhaltsgleichen Produkten in Abhängigkeit von der Verpackung „AIF, ELTIF oder offener Investmentfonds“ führt, künftig der Vergangenheit angehört. 

Die Wettbewerbsverzerrung durch die pauschale Einstufung von AIFs und die weitere fehlende Abstufung innerhalb der Gattung „AIF“ ist zweifelhaft und ökonomisch sinnlos. Im Ergebnis wird das Risiko bei inhaltsgleichen oder -ähnlichen Investitionen aufgrund der Verpackung als „AIF, ELTIF oder offener Investmentfonds“ als (sehr) unterschiedlich risikobehaftet eingestuft. Das führt zu falschen Erwartungen der Anleger und je nach Fall auch zu nicht erwarteten Ergebnissen, die bei „Nicht-AIFs“ negativer als gewünscht ausfallen können. Durch eine differenzierte Risikoeinstufung wird der AIF aufgewertet.

Quelle: IC Consulting GmbH