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Die Energiewende - notwendig und politisch gewollt
vom 13.04.2023

Die Energiewende - notwendig und politisch gewollt
Wie schnell und zielgerichtet ist die Umsetzung möglich?

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In der Klimapolitik herrscht Konsens darüber, dass bei einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2°C, neuerdings sogar 1,5°C, über dem vorindustriellen Wert eine gefährliche Störung des Klimasystems gerade noch vermieden werden kann. Bei einer Überschreitung dieser Grenze könnten die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrolliert werden können. Aktuell ist die Temperatur bereits um etwa 1,2°C angestiegen.

Für die Erreichung der Klimaziele sind außerordentliche Maßnahmen und Anstrengungen notwendig, die alles bisher Dagewesene übersteigen. Je größer das zukünftige Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sein wird, desto größer werden die Anstrengungen für eine Einhaltung der Klimaziele sein. Experten sind sich uneins, ob es möglich ist, den Klimawandel aufzuhalten. In jedem Fall besteht höchster Handlungsbedarf. Neueste Modellrechnungen schätzen, dass aufgrund des klimawandelbedingten Meeresspiegelanstiegs bis Ende dieses Jahrhunderts zwischen 150 und 630 Millionen Menschen umgesiedelt werden müssen (je nach CO2-Entwicklung). Es muss somit nicht nur intensiv an der Reduzierung von Treibhausgasen gearbeitet werden, sondern auch an der Anpassung an die dann neuen Gegebenheiten durch z.B. Schutz der kritischen Infrastruktur, Korrekturen im Hoch- und Städtebau sowie besserer Katastrophenschutz und Warnsysteme. Das Problem des Klimawandels ist nicht durch eine kurzfristige Entschlossenheit aus der Welt zu schaffen, sondern wird die Menschen für immer begleiten.

Der Ausstoß von CO2 aus fossilen Quellen, dem Haupttreiber des Klimawandels, ist weltweit auf Rekordniveau. Während die meisten westlichen Länder weniger CO2 ausstoßen als 1990, haben China und Indien sowie viele Länder des globalen Südens stark zugelegt. Grundsätzlich sollen alle Länder bis zur Jahrhundertmitte klimaneutral sein. Das heißt: Sie müssen ihren Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 100% reduzieren. Doch bislang sind alle, auch westliche Länder weit davon entfernt. Auch die EU kann insgesamt nur einen wesentlichen Beitrag leisten, mehr aber auch nicht. 2021 wurden weltweit 38 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen. 81% der Emissionen wurden durch die G20-Staaten verursacht. Die größten CO2-Emittenten waren China, die USA und die EU. China verursachte 2021 knapp 33% des weltweiten CO2-Ausstoßes. Die USA kommen mit 12,5% mit etwas Abstand dahinter. Die EU27-Staaten und Indien erzeugten 7,33% bzw. 7% des weltweiten CO2.

Gemäß dem Klimaschutzgesetz müssen in Deutschland die Treibhausgase bis 2030 um 65% auf 438 Millionen Tonnen CO2 reduziert werden. Ab 2045 soll dann Treibhausgasneutralität erreicht werden. Um das für 2030 festgesetzte Ziel zu erreichen, müssten die Emissionen jährlich um durchschnittlich 5% sinken. Das entspricht einer Verdopplung der zwischen 2010 und 2020 erzielten Reduzierung. Die dafür erforderlichen Ausgaben werden auf ca. EUR 602 Mrd. geschätzt. Der Ausbau der regenerativen Energien ist ein wesentlicher Baustein.

2030 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien im Strommarkt mindestens 80% betragen. Bis 2045 soll dieser Wert auf 99% steigen. Aufgrund von Wettereinflüssen schwankt dieser Anteil teils erheblich von Jahr zu Jahr. Nachdem er 2020 44,2% betrug, sank er in 2021 um 3,6% auf 40,6%. 2022 lag der Anteil des erzeugten Stroms in Deutschland aus Erneuerbaren Energien bei 48,3%. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von um 5,6%. Obwohl 2022 nur ein mäßiges Windjahr war, leisteten Windkraftanlagen den größten Beitrag dazu - vor allem an Land. On- und Offshore-Anlagen kamen gemeinsam auf einen Anteil von 25,9%. Nach einem windreichen Start hat sich das Windaufkommen über den Jahresverlauf nur mäßig. 2022 wurden Windkraftanlagen mit einer Leistung von 2,1 Gigawatt gebaut. Damit gab es Ende November eine installierte Leistung von 58 GW durch Onshore- und 8,1 GW durch Offshore-Windenergieanlagen.

Die gesamte Stromerzeugung aus Sonnenkraft hat im Vergleich zum Vorjahr um 19% zugelegt. Das lag einerseits am Zubau, dem mit 6,4 Gigawatt höchsten Zubau seit 2013, und andererseits am Wetter. Der Sommer 2022 war einer der sonnenreichsten seit Beginn der Aufzeichnungen. In der Zeit von April bis August und im Oktober lieferten Solaranlagen mehr Strom als die Steinkohlekraftwerke in Deutschland, in der Zeit von März bis September sogar mehr als die Gaskraftwerke. Photovoltaik und Onshore-Windkraft sind derzeit die größten Erzeuger von erneuerbarem Strom.

Für die Herstellung von Solarmodulen werden verschiedene Rohstoffe benötigt, z.B. Silizium, Gallium oder Silber. Der Abbau der Rohstoffe ist teilweise alles andere als umweltfreundlich. Stromspeicher wie Batterien werden aber nicht nur für Photovoltaikanlagen benötigt, sondern auch für E-Autos. Für einen kompletten Umstieg von fossilen Brennstoffen auf grüne Energie werden utopische Mengen an Rohstoffen benötigt. Um Umweltschäden durch die Rohstoffgewinnung zu reduzieren, hat die EU im März 2022 eine Batterie-Richtlinie beschlossen. Beim Bau von z.B. Akkus müssen die Rohstoffe nun zu einem bestimmten Anteil dem Recycling stammen. Gemäß Berechnungen der EU kann das optimierte Recycling von Rohstoffen eine zusätzliche Wertschöpfung von EUR 80 Mrd. sowie 700.000 neue Arbeitsplätze bringen. Gleichzeitig würden dadurch die Abhängigkeiten und CO2-Emissionen reduziert.

In Deutschland schwanken die Recyclingraten von Rohstoffen. Es wäre möglich, den gesamten Ressourcenverbrauch in Deutschland um den Faktor 3 bis 4 zu reduzieren, z.B. durch mehr Recycling und den effizienteren Umgang mit Rohstoffen. Sollte dies gelingen, könnte das Ziel einer Klima-Neutralität im Jahr 2045 erreichbar sein.


Im Jahr 2022 sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland leicht gesunken. Damit hat Deutschland die Zielwerte des Bundesklimaschutzgesetzes insgesamt eingehalten. Die Zielwerte bei den wichtigen Sektoren Gebäude und Verkehr wurden jedoch zum dritten Mal in Folge verfehlt. Daher ist insbesondere in diesen Bereichen der Verbrauch umzustellen und effizienter zu gestalten. Die Bundesregierung hat aktuell beschlossen, dass die Einhaltung der Klimaschutzziele zukünftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden soll, d.h. Einsparungen in einem Sektor können etwaige Zielverfehlungen eines anderen Sektor kompensieren.

Derzeit ist der Bausektor ist ursächlich für etwa 40% des Energieverbrauchs in Deutschland. Auch der Rückgang der durchschnittlichen Haushaltsgröße belastet durch einen höheren Energieverbrauch und eine höhere Kohlendioxid-Emission die Umwelt. Um einen Schritt in Richtung Klimaneutralität zu machen, ist mit der ersten großen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes am 01.01.2023 eine Verschärfung des Neubaustandards in Kraft getreten. Der zulässige Primarenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung wurde von bisher 75% (Effizienzstufe 75) auf 55% (Effizienzstufe 55) reduziert. Die Anforderungen an den Wärmeschutz bleiben unverändert. Zunächst war geplant gewesen, dass die Effizienzwerte über die Dämmung der Gebäudehülle erreicht werden müssen. Weitere Maßnahmen zur Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien sind geplant. Im Fokus stehen dabei Heizungsanlagen, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden. Gemäß dem aktuellen Beschluss der

Bundesregierung sollen ab 2024 alle neu eingebauten Heizungsanlagen zu 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Der technologieoffene Ansatz soll dafür sorgen, dass nicht nur Wärmepumpen zum Einsatz kommen dürfen, sondern auch Heizungen mit grünem oder blauen Wasserstoff oder Biomasse. Dabei ist problematisch, dass zum jetzigen Zeitpunkt klimaneutraler Wasserstoff kaum im deutschen Markt vorhanden ist. Die dafür notwendigen Elektrolysekapazitäten sind meist Pilot- oder Testanlagen. Bisher existieren noch keine funktionierenden Märkte für Wasserstoff.

In der Regel dürfte der neue Beschluss daher den Einbau einer Wärmepumpe bedeuten. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig den Verzicht auf fossile Brennstoffe. An windschwachen Tagen stammt der, für den Betrieb der Wärmepumpe benötigte Strom größtenteils aus Kohlekraftwerken. Bei älteren Gebäuden, die energetisch nicht dem neuesten Standard entsprechen, dürfte zusätzlich eine kostenintensive Rundum-Sanierung nötig sein, um eine Wärmepumpe überhaupt nutzen zu können.
Aufgrund des Fachkräftemangels und der aktuell langen Lieferzeiten für Wärmepumpen ist der flächendeckende Einsatz schlicht nicht möglich. Die Nachfrage dürfte sich spätestens ab 2024 dann noch einmal steigern. Um die Immobilienbesitzer finanziell nicht zu überfordern, soll es Ausnahmen, Übergangsfristen und einen sozialen Ausgleich geben. Es soll keine Austauschpflicht für bestehende Heizungen auf Basis fossiler Brennstoffe geben. In 2023 noch eine neue Gasheizung einzubauen ist also möglich. Allerdings ist unklar, wie sich der Gaspreis entwickelt, wenn Ende April 2024 die Gaspreisbremse ausläuft. Zudem gibt es seit August 2022 keine Fördergelder mehr für eine neue klassische Gasheizung.

Gut die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit Gas beheizt. Knapp ein Viertel aller Privathaushalte heizt mit Öl. In Neubauten werden Ölheizungen fast gar nicht mehr verbaut. Dagegen wurden in Neubauten, die ab 2011 fertiggestellt wurden, ca. 25% Heizungen auf Basis Erneuerbarer Energien eingebaut. 2030 soll 50% der Wärme klimaneutral erzeugt werden. Der Energie-verbrauch hängt aber nicht nur von der gewählten Heizart ab, sondern auch von der Energieeffizienz des Gebäudes. Das EU-Parlament hat aktuell für strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden gestimmt. Bis 2033 sollen alle Gebäude eine mittlere Energieeffizienz erreichen. Es ist vorgesehen, dass Neubauten ab 2028 beim CO2-Ausstoß als Null-Emissionsgebäude errichtet werden. Die Entscheidung über dieses Vorhaben ist noch nicht gefallen, würde aber einen Sanierungszwang für Immobilienbesitzer bedeuten.

Insbesondere der deutsche Verkehrssektor verfehlt regelmäßig die vorgegebenen Emissionsziele. Knapp ein Fünftel der Emissionen geht auf den Verkehrssektor zurück. Bis 2030 sollen auf Deutschlands Straßen 15 Millionen vollelektrische PKWs unterwegs sein. Ende 2022 waren es ca. 1 Million. Das entspricht etwa 2% des gesamten PKW-Bestands. Um das Ziel erreichen zu können, müssten sich die Zulassungszahlen in den nächsten zwei Jahren mehr als verdoppeln und bis 2025 verdreifachen. Im Nutzfahrzeugmarkt schreitet die Verkehrswende deutlich langsamer als bei den PKWs voran. Um mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu holen und mehr Personenverkehr zu ermöglichen, muss das deutsche Schienennetz modernisiert und erweitert werden. Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sieht vor, in den nächsten 10-15 Jahren rund EUR 112 Mrd. in das Schienennetz zu investieren. Allein bis 2027 gibt es einen Investitionsbedarf von EUR 45 Mrd. Zusätzlich zu den Investitionen laut Bundesverkehrswegeplan soll laut den aktuellen Beschlüssen der Bundesregierung ab 2024 eine LKW-Maut von EUR 200 pro Tonne erhoben werden. 80% dieser Einnahmen sollen in den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzes fließen. Künftig sollen auch Güterzüge mit der Länge von 35 Containertragwagen (das entspricht 740 Metern), die von der EU zum Standard im transeuropäischen Güterverkehr erklärt worden sind, in Deutschland fahren können. Weitere Maßnahmen, um die Verkehrswende voranzutreiben, sind der Ausbau der Fuß- und Radwege sowie eine attraktivere Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Aufgrund fehlender politischer Maßnahmen ist die tatsächliche Umsetzung der Energiewende bis heute deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien schreitet zu langsam voran. Es sind relevante Hemmnisse und Knappheiten erkennbar, die die Umsetzung der Energiewende auch künftig so lange begrenzen, wie sie nicht explizit angegangen und aufgelöst werden. Hervorzuheben sind die mangelnde Verfügbarkeit von Flächen, zu langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie fehlende Fachkräfte und Engpässe bei Rohstoffen. Um die für 2030 anvisierten Ziele zu erreichen, müsste die installierte Leistung bei den Erneuerbaren Energien erheblich gesteigert werden. Weder Deutschland noch die EU können den Klimawandel allein begrenzen. Ohne China, die USA und die Schwellenländer, allen voran Indien, wird es nicht gehen.






Quelle: IC Consulting GmbH