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Der Schwindel mit dem Tagesgeld
vom 04.10.2023
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Der Schwindel mit dem Tagesgeld
Zinsen weiterhin niedriger als die Inflation

Die Europäische Zentralbank hat ihren Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die Inflation mit der zehnten Anhebung in Serie fortgesetzt. Der Leitzins wurde auf 4,5% angehoben. Soll- und Überziehungszinsen befinden sich in ungeahnten Höhen. Aber auch der für Sparer wichtige Einlagensatz, den Banken für das Parken von Geldern erhalten, wurde von der EZB um 0,25% auf nun 4% erhöht. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Währungsunion im Jahr 1999.

Allerdings profitieren davon hauptsächlich die Banken, denn die Weitergabe an die Sparer erfolgt nur zurückhaltend. Gemäß einer Untersuchung des Internetvergleichsportals Verivox bietet ein Drittel der Institute 0,25% p.a. oder weniger. Durchschnittlich beträgt der Tagesgeldzinssatz 1,4%. Bei Festgeld sind es immerhin 3,18% p.a. Millionen Bundesbürger sind ihrem Geldhaus seit Jahrzehnten treu, aber ihre Treue wird in der Regel nicht belohnt, da häufig neuen Kunden bzw. für „neues“ Geld deutlich mehr Zinsen angeboten werden. Insofern kann die Eröffnung eines neuen Kontos sinnvoll sein, um die zumeist zeitlich begrenzten und teilweise unter Auflagen erfolgenden Aktionszinsen für Neukunden zu erhalten.

Bei den Gebühren und Sollzinsen sind die Banken dagegen nicht so scheu. Hypothekenzinsen mit 10jähriger Sollzinsbindung fielen Mitte 2019 erstmals unter 1%. Anfang 2022 fingen sie an, stark zu steigen und befanden sich noch vor Jahresende bei ca. 4%. Auf diesem Niveau befinden sie sich auch heute noch. Auch die Gebühren, z.B. für den Dispositionskredit oder die Kontoführung wurden kräftig erhöht, da die Ertragssituation in den Nullzinsjahren für die Geldinstitute sehr schwierig war.

Nach einer jahrelangen Phase mit wenig Bewegung stiegen die Dispozinsen im vergangenen Jahr jedoch steil an: von durchschnittlich 9,43% p.a. auf 11,22% p.a. im Mai 2023. Die teuerste Bank verlangte sogar sagenhafte 16,46%. Für geduldete Kontoüberziehungen wird noch einmal viel mehr in Rechnung gestellt. Auch bei den Kontoführungsgebühren wurde heftig erhöht. Allein zwischen 2015 und 2019 stiegen diese um 25%. Weitere Erhöhungen in den Folgejahren kamen noch hinzu. Gerade einmal 9 von 460 oder nur rund 2 Prozent der von der Stiftung Warentest untersuchten Geldinstitute bieten noch ein ohne Bedingungen kostenloses Girokonto an.

Es gehört aber zur Wahrheit dazu, dass die durchschnittlichen Kontoführungsgebühren in Deutschland in Höhe von EUR 89,- p.a. auch nach den zum Teil heftigen Erhöhungen im europäischen Vergleich noch moderat sind. In den EU 17-Ländern kostet ein Girokonto jährlich durchschnittlich EUR 112,-. In Italien müssen die Kunden dafür sogar über EUR 250,-, also mehr als das Doppelte, pro Jahr bezahlen.

Allerdings ist die Begründung der deutschen Banken für die Gebührenerhöhungen inzwischen weggefallen. Die Geldinstitute verdienen wieder sehr ordentlich. Trotzdem werden die Gebühren weder verringert noch werden die Sparer an der Zinswende angemessen beteiligt. Hier können Kunden nur die Zinsangebote der Banken im Auge behalten und gegebenenfalls ein neues Tagesgeldkonto eröffnen, die in der Regel kostenlos sind oder gleich die Bank wechseln.

Sparer und Zinsinteressierte sollten aber bedenken, dass der Zinsgipfel voraussichtlich (bald) erreicht ist und sie die höheren Zinsen nur für einen relativ geringen Zeitraum erhalten werden. Und die gestiegenen Zinsen sind im Kontext mit der höheren Inflation zu sehen. An der generellen Konstellation hat sich deshalb auch nichts geändert. Selbst jetzt liegen Zinsen von bis zu 5% p.a. bei einer guten Bonität des Anbieters (von schlechteren Bonitäten sollte man ohnehin besser die Finger lassen) noch deutlich unter der aktuellen Inflationsrate von mehr als 6% (auf Jahresbasis). Und dabei sind Steuern noch gar nicht berücksichtigt. Nach Steuern verbleiben gerade einmal rund 3,5% p.a. Damit ergibt sich ein negatives Ergebnis von mehr als 2,5% p.a. gegenüber der statistischen, nicht aber der tatsächlichen Inflation. Die reale Kapitalvernichtung mit Zinsanlagen setzt sich fort. Nur die Höhe ändert sich im Zeitablauf.

Im Ergebnis lohnt sich nur das kurzfristige Parken der Liquiditätsreserve, die statt Null aktuell wenigstens einen Deckungsbeitrag bietet. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Die EZB hat signalisiert, dass das aktuell erreichte Zinsniveau geeignet ist, dazu beizutragen, dass die Inflation nach und nach wieder auf den Zielwert sinkt. Übersetzt bedeutet das: Wenn dieser Prozess erst einmal richtig in Fahrt kommt, wird die EZB die Zinsen sukzessive auch wieder senken.

Für eine differenzierte langfristig rentable Kapitalanlage sind Sachwerte jedoch wesentlich besser geeignet. Das zeigen alle Langfristbetrachtungen, insbesondere nach Steuern. So bieten Immobilien aufgrund gesunkener Preise wieder gute, zum Teil bereits sehr gute, Einstiegschancen. Durch die gestiegenen Zinsen und die Liquiditätsverknappung sind die Bewertungsfaktoren von nicht börsennotierten Unternehmen gefallen, so dass es auch beim Private Equity aktuell wieder sehr attraktive Angebote gibt. Schließlich lohnen sich Investitionen in Regenerative Energien.

Viele Banken, insbesondere Geschäftsbanken, behandeln ihre Kunden nicht fair. Treue wird schon länger nicht mehr belohnt. Sollzinsen werden stärker erhöht als Habenzinsen. Die Zinsschere geht auf. Und es wird fortlaufend weiter an der Gebührenschraube gedreht, obwohl sich die Ertragslage der Banken wesentlich verbessert hat.

Zahlreiche Anleger beachten nicht, dass höhere nominale Zinsen die Inflationsrate in der Regel nicht decken und ihnen nach Steuern erheblich negative Realzinsen verbleiben. Das ist auch aktuell noch so - trotz der rasant gestiegenen Zinsen. Die Geldillusion des Nominalwertdenkens führt zu einer fortlaufenden Vermögensvernichtung, bei der sich im Zeitablauf nur die Höhe ändert. Mit Zinsanlagen kann man allenfalls für kurze Zeit etwas verdienen, langfristig jedoch nicht.

Quelle: IC Consulting GmbH